Was versteht man unter Interessenabwägung?
Bei fast jeder Entscheidung, die eine Person trifft findet eine Interessenabwägung statt – oder sollte es zumindest. Unter Interessenabwägung versteht man aber auch ein rechtliches Verfahren, bei dem unterschiedliche Interessen von beteiligten Parteien gegeneinander abgewogen werden, um eine faire und ausgewogene Entscheidung zu treffen. Dies ist besonders relevant im Verwaltungsrecht, Arbeitsrecht und Datenschutzrecht.
Prozess einer Interessenabwägung
Die Interessenabwägung beginnt mit der Identifikation der Interessen, bei der alle betroffenen Interessen und Rechte der Parteien erfasst werden. Anschließend erfolgt die Gewichtung der Interessen, die gegeneinander abgewogen werden, um eine faire Lösung zu finden. Bei der Interessenabwägung spielt auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine Rolle. Je länger der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber beschäftigt ist und je seltener der Betroffene Probleme verursacht hat, desto schwerer muss die Verletzung des Vertrags zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sein. Auf Basis dieser Abwägung wird schließlich eine Entscheidung getroffen, die die Interessen der Parteien bestmöglich berücksichtigt.
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Beispiel: Datenverarbeitung
Für Unternehmen geht es häufig um Marketingmaßnahmen und dem damit verbundenen Sammeln von Daten (potenzieller) Kunden. Ob das Interesse dieser oder die des Unternehmens überwiegen wird im Artikel 6 des DSGVO geregelt. Demnach muss für die Durchführung einer Marketingmaßnahme, nach der Interessenabwägung, zu dem Ergebnis gekommen werden, dass die Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten des Betroffenen nicht überwiegen. Wenn ein Unternehmen nach der Abwägung nicht zu diesem Ergebnis kommen kann, kann diese Datenverarbeitung nicht durch das DSGVO gerechtfertigt werden. Berücksichtigt werden hier die ermittelte Gewichtung, die Speicherdauer, Art und Menge sowie die gegebenen Sicherheitsvorkehrungen der zu verarbeitenden Daten.
Im Artikel 6 wird außerdem deutlich gemacht, dass wenn Kinder bei einer Datenverarbeitung betroffen sind, die Interessenabwägung besonders gründlich durchgeführt werden muss, da dem Schutzbedürfnis von Kindern eine besonders große Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Weitere Beispiele
- Bauprojekte: Abwägung zwischen öffentlichem Interesse an Infrastrukturprojekten und den privaten Interessen der betroffenen Anwohner.
- Kündigungen: Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und den sozialen Interessen des Arbeitnehmers.
- Umweltauflagen: Abwägung zwischen wirtschaftlichen Interessen eines Unternehmens und dem Schutz der Umwelt.
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